Ist das Verkehrskonzept von Gerrit Derkowski eine gute Alternative zur Stadtbahn?

Wir haben uns mit der bisher geäußerten Kritik am Verkehrskonzept des Bürgermeisterkandidaten für Kiel, Gerrit Derkowski, auseinandergesetzt. Wir referenzierten dabei häufig auf den IBS1-Bericht. Diesen können Sie bei Interesse hier herunterladen, falls Sie bei kiel.de nicht fündig werden sollten.

 

A. Wie wird das Verkehrskonzept kritisiert, welches Anfang September von Gerrit Derkowski auf einem Verkehrskongreß vorgestellt wurde?

 

1. Das Derkowski-Konzept ist nicht ausgereift, da beispielsweise nicht beschrieben ist, welche Routen die autonomen Fähren und Schnellbusse fahren sollen, wie teuer das Konzept wird, und wie es finanziert werden soll.

Faktencheck: Das Derkowski-Konzept baut auf dem geplanten Busnetz (Ohnefall) für das Jahr 2035 auf. Dieses haben die Gutachter genauso ausgearbeitet wie das für die Stadtbahn (siehe Dokumentation AP E-123.2 Zukünftiges Busnetz ohne neues HÖV-System, als pdf auf der vorherigen Seite "E-Busse als Alternative" für Sie bei Interesse zum Herunterladen verfügbar). 

Für die im Derkowski-Konzept beschriebenen Erweiterungen (Mobilitätshubs, Velorouten, S-Bahn, Expressbuslinien) gibt Derkowski selbst zu, dass diese noch genauer ausgearbeitet werden müssen.

 

2. Das Derkowski-Konzept ist nicht neu: Die Regionalbahn gab es früher, jetzt heisst sie S-Bahn. Auch die autonomen Fähren, Velorouten und Mobilitätshubs sind bereits geplant.

Faktencheck: Ein hoher „Neuigkeitsgrad“ sagt nichts über den Erfolg eines Konzepts aus. Eine Stadtbahn ist auch nicht besonders neu. Wichtiger ist, dass das Verkehrskonzept seine Ziele erreicht. Laut Bürgermeister Kämpfer soll die Stadtbahn die Fahrgastzahlen im ÖPNV verdoppeln, um das Klimaschutzszenario Kiels zu erfüllen (hier nachzulesen).

Die Gutachter haben jedoch festgestellt, dass die Stadtbahn dieses Ziel nicht erreichen wird (hier nachzulesen). Die Verkehrsdezernentin für Kiel, Frau Voß, bestätigt die Gutachter-Zahlen, dass die Stadtbahn nur 70 Tonnen CO2 im Jahr einsparen wird. Das ist soviel, wie sieben Deutsche Bürger im Jahr ausstoßen. Die Gitachter bewerten die 70 Tonnen CO2 mir 12,6 tausend € im Jahr.

Das Derkowski-Konzept baut auf dem geplanten Busnetz (Ohnefall) für das Jahr 2035 auf. Dieses alleine ist in wichtigen Punkten der Stadtbahn bereits überlegen (hier nachzulesen). Das CDU-Konzept erweitert das Busnetz jedoch um Mobilitätshubs, Velorouten, die S-Bahn und weitere Expressbuslinien.

 

3. Die vorgeschlagenen Schnellbusse des Derkowski-Konzepts fahren den Hauptbahnhof nicht an.

Faktencheck: Im Ohnefall sind bereits Schnellbusse vorgesehen, die den Hauptbahnhof anfahren. Das Derkowski-Konzept sieht nun weitere Schnellbusse vor, die anscheinend ohne Umwege direktere Routen ohne den Hauptbahnhof fahren. 

Es spricht nichts dagegen, diese zusätzlichen Linien ausprobieren. Wenn sie nicht den gedachten Erfolg bringen, dann stellt man die Linien halt wieder ein. Es ist ja nicht so, dass für sie Trassen aufwändig verlegt worden sind.

 

4. Die Innenstadt Kiels wird durch das Derkowski-Konzept nicht aufgewertet wie bei der Stadtbahn.

Faktencheck:  Die Aufwertung der Innenstadt wird nicht vom Bund oder Land gefördert. Sie muss also komplett von der Stadt Kiel finanziert werden. Eine Aufwertung kann Kiel mit der Stadtbahn genauso wie mit dem Derkowski-Konzept erreichen. Allerdings kostet das Derkowski-Konzept angeblich nur 127 Millionen Euro und ist damit deutlich günstiger als die Stadtbahn. Für eine Aufwertung hätte Kiel dementsprechend mehr Geld in der Kasse.

 

5. Die hohen Fahrgastmengen während der Stoßzeiten können vom Derkowski-Konzept nicht bewältigt werden.

Faktencheck: Wie im Abschnitt "Fahrgastprognosen" auf dieser Seite erläutert, ist die Überlastung des Kieler Busnetzes bereits heute geringer als 2%. Dies wurde von der Stadt Kiel bestätigt. Laut IBS1-Bericht der Gutachter bleiben Bus (Ohnefall) und Stadtbahn bei Fertigstellung in der werktäglichen Spitzenstunde unter 65 % ausgelastet. Die durchschnittliche Auslastung der Busse beträgt in der Spitzenstunde nur 47 %, die der Bahn sogar nur 31 % (sie fährt also selbst in Spitzenstunden zu zwei Dritteln leer). Die Gutachter folgern, dass beide Systeme (Stadtbahn und Ohnefall) ausreichend dimensioniert sind. Mit den zusätzlichen Velorouten, Schnellbussen und Mobilitätshubs dürfte die Auslastung des ÖPNV mit dem Derkowski-Konzept nochmal deutlich sinken.

 

6. Nur die Stadtbahn steht nicht im Stau, weil sie eine eigene Trasse hat.

Faktencheck: Anlage 3-3 des IBS1-Berichts vergleicht die Reisezeiten der Stadtbahn mit denen der Busse (Ohnefall). Die Busse sind in jedem Fall schneller als die Stadtbahn. Das hängt vor allem mit den durch die Stadtbahn verursachten längeren Umsteigezeiten zusammen. Auf den Zeitaufwand des motorisierten Individualverkehrs (MIV) haben übrigens weder Stadtbahn noch Ohnefall eine Auswirkung, also wird es weder im einen noch im anderen Fall mehr Stau geben. Die Aussage ist aber insgesamt schon irreführend, weil einige Teile der Stadtbahn sich mit den Autos eine Fahrbahn teilen und sie demnach sehr wohl Staus unterlegen sein wird (zB. in der Preetzer Straße, der zentralen Achse auf das Ostufer).

 

7. Die Personalkosten sind im Derkowski-Konzept deutlich höher.

Faktencheck: Der IBS1-Bericht kommt klar zu dem Ergebnis, dass die Stadtbahn höhere Personalkosten hat als der ÖPNV (hier nachzulesen). Für die von Gerrit Derkowski vorgeschlagene S-Bahn und die zusätzlichen Expressbuslinien wäre hingegen tatsächlich mehr Personal erforderlich. Allerdings erweitert die S-Bahn den Radius des ÖPNV auch deutlich über die Stadtbahnlinien hinaus, und die Expressbuslinien können flexibel nach Bedarf geplant werden.

 

Falls wir Kritikpunkte übersehen haben sollten, bitten wir um eine entsprechende Nachricht an gruekos@gmail.com, oder als Nachricht auf www.gruekos.de.

 

B. Wie schätzt GruKoS das Derkowski-Konzept ein?

Die bisher geäußerte Kritik können wir nach dem Faktencheck zum großen Teil nicht nachvollziehen.

Noch fehlen uns genaue Vergleichsdaten für die Erweiterung des Ohnefalls, die Gerrit Derkowski vorschlägt. Allerdings sind wir bei folgenden Punkten bereits zuversichtlich:

 

  1. Es setzt auf bewährtes: E-Busse, Velorouten, Mobilitätshubs funktionieren gut in Kiel.
  2. Es ist GRÜN: Fahrradfahren haben mehr Platz, kein Baum wird gefällt, keine Trasse und keine Straßenbahn wird CO2 intensiv produziert.
  3. Es ist genauso barrierefrei wie die Stadtbahn, aber weniger unfallträchtig. 
  4. Es vermeidet die mindestens 10-jährige Bauzeit und resultierende Verkehrschaos.
  5. Es erweitert das Einzugsgebiet von Kiel: Die S-Bahn verbindet Kiel mit dem Umland.
  6. Es kostet ein Bruchteil der Stadtbahn, sowohl für Herstellung als auch im Betrieb. Damit bleibt mehr Geld in der Kasse, um in Umwelt, Bildung und Soziales zu investieren.